Zu allem Überfluss kommen zwei Mädchen aus der Klasse und wollen bitte ihr Cola-Eis abholen. Ich frage entgeistert "Wie bitte?" quasi kurz vor dem Platzen und sie erklären mir, sie hätten es von der Schulleiterin versprochen bekommen. Ich hole das Eis grummelnd, ich habe ja nichts besseres zu tun, aus dem Gefrierfach des Kühlschranks im Teamzimmer, und sie sagen mir, sie wollten nur eins, die Klassenkameradin käme gleich, um ihr Eis selbst abzuholen. Da bin ich doch lauter geworden und kommentierte: „Wir sind hier kein Cateringservice für Euch. Entweder sie nimmt das Eis jetzt oder morgen in einer Pause. Wir haben jetzt Unterricht!“
Wir stemmen alles, egal wie! Heute ist wieder einer dieser Tage. Wenn die Tür zum Teamzimmer, früher Lehrerzimmer, kaum aufgeht, ist was im Busch. Dann stehen meistens viele Kolleg/-innen im ungeordneten Halbkreis um den Vertretungsplan herum und rätseln, was uns der Plan sagen möchte.
Vertretungsstunden Genau so fühlt es sich an, wenn frau als Lehrerin überarbeitet ist, ferienreif eben. Kurz vor sechs wache ich schweißgebadet auf und haue auf den Wecker, dass er nicht klingelt, dabei war er gar nicht gestellt. 'Ist ja Samstag, dreh dich nochmal um und kuschle dich in deine gemütliche Bettdecke, mmmmh...' Keine Kinder, die sich, wie am letzten Schultag geschehen, streiten und prügeln und die Haare versuchen auszureißen. Ein dickeres Mädchen und ein dünnes Mädchen, ständig mit fettigen Haaren, stritten sich.
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"Ein bisschen Shampoo, kann es doch wohl sein, sagt mein Mann." (Johanna von Koczian). Erste Stunde, letzter Schultag vor den Weihnachtsferien, netterweise habe ich der Kollegin angeboten, für sie diese Stunde zu übernehmen, damit sie nicht früh kommen muss. Das müsste eigentlich gehen, ganz entspannt, ab neun geht die ganze Schule ins Kino, supi. Aber nein! Diese zwei Mädchen sitzen nebeneinander, wie sonst auch, erstmal ganz friedlich. Ich krieg's nicht mit, die Dünnere haut auf die Andere ein, scheinbar ohne Grund. Dann packt sich die Dünnere ein Büschel Haare und reißt daran, keilt sich ein, wie festgebissen. Ich eile hin, schreie beide an, keine Änderung. Ich packe die Dünnere an beiden Handknöcheln und zerre sie bis hinters Lehrerpult. Und nun? Gab es auch nur ein einziges bescheidenes Seminar in meiner Lehrerausbildung, Vorbereitungsdienst genannt, in dem ich gelernt hätte, wie ich mit zwei solchen hysterischen Gören umgehen kann, ohne gleich nach den Ferien den Anwalt wegen Körperverletzung vor mir stehen zu haben? Vorbereitungsdienst? Dass ich nicht lache! Auf was denn, bitte schön? Brave, voll intrinsisch motivierte Kinder aus wohlerzogenen Elternhäusern, süß, nur nicht realistisch!!!
An einem anderen schönen Tag, ebenfalls kurz vor Weihnachten, kam ich zur dritten Stunde in die vielgeliebte Klasse 5c. Einmal tief durchatmen ist in dieser Klasse nie verkehrt, weil hier zu Beginn einer jeden Stunde Alles, wirklich Alles möglich ist.
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