Hilfe, ich bin Lehrerin - holt mich hier raus
Es ist nicht zu fassen, es ist Tag eins des Schulisch angeleiteten Lernens zu Hause, kurz: SaLzH, Hauptsache das Kind hat einen Namen. Wir, das heißt wir Lehrerinnen und Lehrer und Schülerinnen und Schüler, sind bereit für den Digitalpakt! Von der Senatsbildungsverwaltung kann frau das nicht behaupten. Für sie kommt das Lernen zu Hause wie Weihnachten daher, nämlich völlig überraschend. Vorsichtshalber hat meine Kollegin, die Klassenlehrerin ist, zur Sicherheit die Unterrichtsorganisation parallel zum angeleiteten Lernen zu Hause auch analog vorbereitet. Die Eltern sind leider konfus, haben den ausführlichen Elternbrief, von der Kollegin liebevoll entworfen, per E-Mail verschickt und bei Bedarf ausgedruckt, gefühlt zu einem Viertel gelesen und fragen dementsprechend alle Informationen ab Zeile drei mündlich ab. Die Kollegin hat einen Termin draußen, außerhalb des Schulgebäudes, ausgemacht, da die Schule offiziell geschlossen ist. So stehen wir gemütlich im Schneeregen auf dem Gehweg vor der Schule und klären alles Nötige. Wir sind als Lehrer/-innen gerne Dienstleister/-innen und müssen den Eltern bei der Erziehung ein wenig helfen. Gerade durchgefroren zu Hause angekommen, die gefrustete Kollegin getröstet, die sich mit dem Elternbrief, den niemand richtig gelesen hatte, so viel Mühe gegeben hat, will ich mich in den Lernraum Berlin einloggen. Der Lernraum ist eine Lernplattform für Berlin, die alle Lehrer/-innen, Schüler/-innen, Universitäten, Fachhochschulen, kurz Bildung, Wissenschaft und Forschung, nutzen, um das Lernen zu Hause zu organisieren. Es dauert, bis sich die Login-Seite überhaupt öffnet.
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Das liegt bestimmt an meinem alten Laptop und an der schlechten Internetverbindung im Arbeitszimmer. Ich gebe aber frohgemut meine Zugangsdaten ein und drücke den Login-Button. Das tun in diesem Augenblick wahrscheinlich auch zehntausend andere Menschen in dieser Stadt, denn das System arbeitet. Wenn es arbeitet, passiert was und das ist ein gutes Zeichen. Nach längerer Wartezeit darf ich den Bezirk auswählen und hoffe weiterhin, dass es vorangeht. Pustekuchen! Es arbeitet zwar in meinem Laptop, aber es passiert nichts. Ich hole mir ein Heißgetränk aus der Küche und als ich ins Arbeitszimmer zurückkomme, steht im Browserfenster „Error type 528 (Ubuntu). Page not found.“ Kein Wunder, dass sie die Seite nicht finden, wenn sie in Afrika suchen. Ich gehe spontan in meiner Unwissenheit davon aus, dass Ubuntu in Afrika liegt, es klingt zumindest so. Es stellt sich aber heraus, dass es ein technischer Fachbegriff ist, macht nichts, schmunzeln erlaubt.
Testen, Testen, Testen Wer, wen, wann, wie oft, wo und warum testen soll, weiß niemand, aber wir machen alle mit, danke Frau Bildungssenatorin! Ich hätte den Vorschlag gemacht, dass die Bildungssenatorin selbst einfach alle Grundschulkinder in Berlin morgens schnell testet und anschließend in ihr klimatisiertes Großraumbüro für eine Person mit Luftfilter fährt. Kein Problem, oder? Ein Wahnsinn! Donnerstags abends vor dem letzten Schultag vor den Osterferien kam die E-Mail mit der Information, dass alle Grundschulen Selbsttests für ihre Schüler/-innen bekommen und diese an alle Kinder ausgegeben werden sollen. Wann sie kommen sollten, wusste niemand.
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